Ziegenhof Catherine André

Cornelia Poletto zu Besuch bei der Ziegen-Käsekönigin Norddeutschlands.

BON JOUR CATHERINE – ÇA VA?

Total verfahren. Das Navi spinnt jetzt komplett. Was um Himmels willen soll hier noch kommen? Schon im Morgengrauen sind wir in Hamburg los. An Buxtehude, Stade und etlichen Radarfallen vorbei, dann weit, weit nach Westen, bis der Himmel wieder blau wird.

Blau würde – wenn es nicht wie aus Kübeln regnen würde. Neubachenbruch. Hier muss es irgendwo sein. Zwischen Wiesen und Mooren soll uns „der beste Ziegenkäse Deutschlands“ erwarten.

Und „watsch“ durch die nächste „gefühlt“ knietiefe 
Pfütze. Und schon sind wir vorbei. Hundert Meter weiter 
ein matschiger Feldweg. Ganz vorsichtig zurücksetzen 
und jetzt bloß nicht im durchweichten Boden stecken bleiben. Und wieder zurück. Ziegenhof-Hofkäserei-Bachenbruch – das aus Kupfer getriebene schlicht-schöne Schild zeigt uns, wo der Eingang zum Ziegenkäsehimmel ist.

Kein Wunder, dass wir die Einfahrt verpasst haben. 
Irgendwie sieht hier alles ein wenig nach Dornröschen aus. Dornröschen öffnet uns die Tür und meint „Ça va?“ Aha – Dornröschen ist französischer Abstammung, trägt Jeans und einen bordeauxroten Rolli und hat einen Händedruck, der eher an einen Ritter erinnert. Grazil steht sie da. Durch und durch Französin. Charmant, wie es 
nur Französinnen sein können, Catherine jedoch in einer verbindlichen Art, die sie sofort sympathisch macht. Kleine schlanke Hände, von der Arbeit auf dem Hof trainiert. Hier müssen wir richtig sein.


„Kommen Sie doch rein“. Der französische Akzent lässt die düsteren Nordseewolken und den prasselnden Regen sofort vergessen. Vorbei an den wilden Brombeeren zieht sie uns ins Innere des Hauses, vorbei an den drei neugierigen, braunen Nasen ihrer spanischen Potencos, die nun vor ihr in den Raum hechten.


Liebe auf den ersten Blick.
So wie Catherine, so auch ihr Zuhause. Charmant mit Ecken und Kanten, warm, ungekünstelt – genau so, wie man sich das Haus einer Exilfranzösin in Norddeutschland vorstellt. Auf dem platten Land, zwischen Weiden, Wiesen, Mooren, Stade und Cuxhaven. Boden, Wände, Decke – alles echt. Stimmiges Patchwork. Könnte hundert Jahre alt sein. Und mehr. Später erfahren wir, dass das Haus durch Catherine und ihren Partner Daniel ein komplett neues Fundament bekommen hat. Davor schwamm das kleine Haus mehr oder weniger auf den Moorwiesen des Hadelnerlands. Auch die Bodenfliesen scheinen französischen Ursprungs zu sein. Über Jahre sind sie Raum für Raum aus Abbruchhäusern zusammen getragen worden und fanden hier ein neues Zuhause. Und der kleine Wintergarten für die Katzen, das Hygieneschott zur Käserei, die neuen Stallungen und, und, und… alleine Catherines Sanierungs-Abenteuer könnten ein Buch amüsant füllen.
Die Potencos haben inzwischen Rang gemäß ihre Positionen auf der nach oben führenden Treppe eingenommen. Klar, dass auch hier ein Mädchen den Ton angibt… Sie spitzen die langen Ohren, wenn Catherine spricht, falls sie nicht gerade Schein-Jagd auf eine der Katzen machen, die ständig um die Beine der Damen schnurren.

Die Suche nach dem ewig Besseren.

Inzwischen sind auch Fernsehköchin Cornelia Poletto und die ASA SELECTION-Chefin Yvonne Schubkegel eingetroffen. Sie möchten endlich einmal die ungekrönte Ziegenkäse-Königin und deren Preziosen „live“ kennen und schmecken lernen. Auf Anhieb sind sich die drei Chefinnen sympathisch. Eint sie doch ihre gemeinsame Qualitätsphilosophie: die Liebe zum Produkt und die nimmermüde Suche nach dem ewig Besseren. Cornelia Poletto und Yvonne Schubkegel verbindet neben ihrer Freundschaft schon mehrere Jahre eine erfolgreiche, geschäftliche Kooperation. Cornelia Poletto steht seit 2008 mit ihrem guten Namen für das gleichnamige Multifunktionsgeschirr 250°C plus POLETTO aus dem Hause ASA SELECTION.

Cornelia will heute einige leckere Ziegenkäse-Rezepte hier in der rudimentären Küche von Catherine ausprobieren.
Nachdem sie für den ersten Gang schon mal die Wiesenchampignons geputzt und die leckere Füllung vorbereitet hat, erkunden beide gemeinsam mit der Hausherrin den Ziegenhof. Catherine erläutert während der Ziegenkäse-Exkursion, von der aseptischen Käserei, über die Melkstation, vorbei an den fröhlich grunzenden „Bunten Bentheimer Schweinen“ bis zum Ziegenstall, ihre persönliche Odyssee vom französischen Jura bis zur norddeutschen Tiefebene.


Eine Geschichte wie im Märchen.

Aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Jura hält es Sie nicht lange in ihrer Heimat. Schon jung findet sie den Weg nach Deutschland. In Berlin studiert Sie Schauspielkunst, genießt Jugend und die Freiheiten der Metropole, um irgendwann die Nase von Stadt, Lärm und Fremdbestimmung gestrichen voll zu haben. Sie und ihr damaliger Partner träumen von einem Leben auf dem Land. In Neubachenbruch, inmitten von Weiden, Wiesen und Mooren, finden sie das, wonach sie suchen. Im Winter 1986 schenkt ihr eine Freundin eine junge Ziege.
Und hier beginnt eine märchenhafte Geschichte: Die Gesellschaft des Zickleins gibt ihr Mut und die passende Idee, ihr Schicksal – so wie sie es schon immer tat – selbst zu lenken. Und im nächsten Jahr werden es vier Ziegen, dann zwölf, dann 30. Heute beherbergen sie und ihr Gefährte Daniel Denieau neben Schafen, Schweinen, Gänse, Hühnern, drei Hunden und unzähligen Katzen zeitweise 300 Ziegen und Zicklein.

„Ziegen sind ganz anders.“

Im Stall staunen uns „nur“ ca. 180 Ziegen und Zicklein erwartungsvoll entgegen. Wir haben echt Glück. Es regnet immer noch! Und keines der Tiere setzt auch nur einen halben Huf vor die Stalltür. Echt zickig! Aber sauber sind sie. Die Haare wie gekämmt. Weich. Und stinken tun sie nur ein wenig. Nach wenigen Minuten hat sich die Nase an ihr „odeur“ gewöhnt. Sie meckern. Sind neugierig. Intelligent. Und beharrlich. Daniel meint, dass sie stets versuchen gegen alle Widerstände ihren Kopf durchzusetzen. Na ja, das erinnert doch ein wenig an Madame André’s Philosophie. Die Ziegen knabbern unterdes an allem. Cornelias Schürze scheint ganz besonders lecker sein… Sie ist sichtlich von den gepflegten und streichelzarten jungen Ziegen fasziniert.

„Ziegen“, so Catherine André, „sind ganz anders als es uns ihr schlechtes Image weismachen will. Sie sind intelligent, anhänglich und sauber. Mit die saubersten Tiere, die ich kenne.“ Aber das mit dem Image sei so eine Sache, meint sie, genauso wie beim Ziegenkäse, der sich seine Wertschätzung auch erst erkämpfen musste. Neben dem großen Ziegengatter müssen die Böcke in ihrem kleineren Stall miteinander auskommen. Puuh – der Moschus der Machos ist doch um einiges intensiver wie der – dagegen eher zarte – Duft der Damen.

Leben und Leben lassen.
Catherine und Daniel lieben und leben ihre Arbeit, ihren Hof, ihre Tiere.

„Unsere Ziegen sind wie unsere Kinder“ meint Catherine. Bei aller Liebe erlauben sie sich jedoch keine Gefühlsduselei. Neben ihren hoch dekorierten Käsespezialitäten wandern jedes Jahr etliche Ziegen in den Ziegenhimmel. Fleisch und Wurstspezialitäten, selbst das Fell findet bei Kennern reißenden Absatz. Hart. Aber fair! Leben und leben lassen. Land- und Viehwirtschaft wie sie ursprünglicher kaum sein kann, die auch Slow Food beeindruckte und zu diversen Veranstaltungen veranlasste.

Ziegen haben keinen Feiertag.
Ein liebevoll restauriertes Landhaus. Ställe, Tiere, Weiden, Garten und Selbstversorgung. Ein einziger grüner Traum? Ziegen haben keinen Feiertag. Und fordern Tribut in harter Arbeit und Entbehrung. 14 bis 16 Stunden täglich – 7 Tage die Woche. Und wenn im Winter die Zicklein geboren werden, ist an Schlaf kaum zu denken. In den ersten Wochen wird mit der Babyflasche gefüttert. 4 x am Tag! Jedes einzeln!! In manchem Jahr bis zu 50 Stück auf einmal!!!
Jede Woche einmal nach Hamburg. Im Sommer wie im Winter. Bei Regen, Schnee und Eis fährt Catherine, um die wertvolle Fracht in der Edelgastronomie abzuliefern. Hier warten schon die „Chefs“ auf die begehrten Käse-Kleinode. Gelten Ihre Erzeugnisse doch als die besten Ziegenkäse der Republik. Catherine berichtet von ihrem letzten Urlaubstag: Ein gemeinsamer Besuch beim Zahnarzt in Stade und der Luxus, sich nach dem Besuch im Bistro gegenüber der Praxis einen Kaffee zu gönnen.
Die Tiere Zuhause wurden unterdessen von einem guten Freund „gesittet“. Ist das noch Landhaus-Romantik?


Hamburger Kochkunst
trifft auf ursprüngliche Genüsse.

Im Haus duftet es inzwischen unwiderstehlich nach den mit Ziegenfrischkäse gratinierten Wiesenchampignons. Yvonne Schubkegel hat nun auch, unter der kundigen Leitung von Daniel,die rund ums Haus wuchernden Wildkräuter gesammelt, die von Cornelia in ein bezauberndes Artischocken-Carpaccio mit gezupftem Ziegenkäse und Himbeerdressing eingearbeitet werden.
Geräucherte Forelle auf Rote Bete-Salat, knuspriger Schweinebraten mit Landbrot-Füllung, mit Ziegenbratwurst gefüllte Wirsingwickel und Clafoutis mit selbst gesuchten Neubrachenbrucher Brombeeren…
Cornelia Poletto ist in ihrem Element. Schwärmt von diesen herrlich authentischen Lebensmitteln, die ihr Finish auf den reinweißen, architektonischen Geschirrteilen finden. Hier trifft Kochkunst und modernes Styling völlig unerwartet auf ursprüngliche Genüsse.

Von Pyramiden und Pferdeäpfeln.

St-Maure, La Pyramide, Entre Deux, Crotins… in Neubachenbruch wird nach französischem Vorbild gekäst. Je nach Jahreszeit tummeln sich bis zu 300 „Deutsche Bunte Edelziegen“ auf dem 18 ha großen Gelände. Jede von Ihnen gibt in der besten Zeit durchschnittlich
3 Liter Milch pro Tag. 100 Liter benötigt Catherine für 10 kg Käse. Die Reifezeit liegt zwischen drei Wochen und einem Jahr für, die auch „Pferdeäpfel“ genannten, würzig-scharfen Crotins. Und sollte nach Catherines hoher Messlatte wirklich mal etwas daneben gehen, landet der „minderwertige“ Käse schon mal bei den Hausschweinen.„Lieber dort, als mit schlechter Ware seine Kunden zu verärgern“, urteilt die Chefin.

Yvonne und Cornelia testen Catherines Spezialitäten ausgiebig. Dazu frisches Landbrot und ein Gläschen Rotwein – selbstverständlich französischer Provenienz. Genuss ohne Reue. Einfachheit, die sich in Lebensfreude äußert.
Der norddeutsche Bindfaden-Regen hat sich inzwischen verzogen. Blaue Flecken lugen durch die grauen Wolkenmassen. Hin und wieder blitzt sogar ein Sonnenstrahl über die grünen Weideflächen. Einige Ziegen haben sich schon wieder ein Herz gefasst und zupfen im Freien an den frischen Kräutern. Doch eine Idylle? Ganz sicher für diejenigen, die mit dieser Art Landleben umzugehen wissen.
Catherine und Daniel leben ihren Traum. Einfach. Sinnvoll. Ohne wenn und aber. Faszinierende Menschen mit fantastischen Produkten. Bleibt zu hoffen, dass sie immer ihr Auskommen haben und noch viele Kenner den Weg zu ihrer Idylle in Neubachenbruch finden.

© hartmann-koch.de

3 Kommentare

Kommentare

  1. Wirklich Nice! Gefaellt mir! Wo ist denn der Facebook-Like-Button?

  2. Ich suche zunächst für mich selber kuhmilchfreien Ziegenkäse. Zweitens habe ich eine Naturheilpraxis, die für Stoffwechselleiden, Nahrunfgsmiitelallergiker tätig ist und Patienten, die eine Kuhmilch dürfen, möchte ich dafür die Anschrift weitergebn

  3. Chère Catherine,
    il y a des années j´avais lu un article concernant les personnes qui avaient réalisé leur rêve…j´ai gardé cet article, car ta vie représentait tout ce que j´aurai voulu réaliser et de plus comme toi, je suis francaise……á l´époque, j´avais suivi un cour d´un w.e pour avoir une petite formation concernant l´élevage des chèvres et la préparation du fromage de chèvre….Je suis sortie complètement déprimée par ce w.e…..J´ai réalisé que toute seule se serait difficile.

    Aujourd´hui, je garde toujours cet article avec les jolies photos de toi et de tes chévres….Cela me fait plaisir de savoir que ton projet existe toujours et que tout semble suivre son cour. Peut-être qu´un jour je prendrai mon courage et viendrai te rendre visite….

    Je te souhaite une bonne continuation

    Manuela Bettscheider

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *